Das Glück ist ein chemisches Vogerl

 Nach Rausch, Lust, Ekstase: Begriffe, die eng an unsere Vorstellung vom Glück gekoppelt sind. Also an alles, was uns heilig ist. Und was antwortet die nüchterne Wissenschaft? Nichts als Chemie… Aber seinen Sie gewiss: Sie können Ihre körpereigene Drogenfabrik auch selbst aktivieren! Der Neurologe und Psychiater Walter Amberger im Endorphin-Wordrap.

Gute Verbindung. Dass Opium Schmerzen betäubt, weiß man seit über 6000 Jahren. Weshalb es so gut und rasch wirkt, fand man erst 1975 heraus: Opium oder auch Morphium docken im Nervensystem an bestimmte Rezeptoren an, in die sie hineinpassen wie der Schlüssel ins Schloss. Diese Rezeptoren erfüllen aber eine andere Bestimmung als mit Rauschdrogen gefüttert zu werden. Sie sind für jene Substanzen da, die der Körper selbst bildet, die ähnlich wirken wir Opium und chemisch ähnlich aussehen: eben die Endorphine.

Drogen, selbst gestrickt. Endorphine sind also endogene ("innen geborene") Morphine - körpereigene Opiate, die in Extremsituationen gebildet werden. Sie wirken schmerzhemmend, beruhigend, angstlösend und verschaffen eine wohlig-glückliche Stimmung. Aber Vorsicht! Der Umstand, dass unser Körper eigene Substanzen produziert, die einigen Drogen ähneln, ist kein Freibrief für Drogenmissbrauch. Im Gegenteil! Durch chronischen Missbrauch von Alkohol oder Drogen verändert sich der natürliche Endorphin-Stoffwechsel. Das ist wie bei einem Muskel: Wenn ich ihn nicht verwende, verkümmert er. Und wenn ich ihn dann einsetzen will, ist er bereits futsch. A blede G'schicht - wenn man's sehr salopp ausdrücken will.

Schmerz, lass nach. Was hat sich die Natur nur dabei gedacht, als sie uns mit einem Endorphinstoffwechsel ausstattete? Nun: Sie hat uns geholfen. Endorphine sind nämlich entwicklungsgeschichtlich lebensnotwendig. Um in gefährlichen und Angst auslösenden Situationen adäquat reagieren zu können, werden vermehrt Endorphine ausgeschüttet. Ebenso bei starken Schmerzen, nach einem Unfall oder bei einer Geburt. Nur so ist es zu erklären, dass sich schwer verletzte Patienten noch kilometerweit schleppen können.

Glücks-Hormon. Wenn wir heute salopp von "Glückshormonen" sprechen, meinen wir eigentlich den Neurotransmitter (Botenstoff) Serotonin, der eine Hauptrolle auf der Bühne unserer Wohlbefindens spielt. Die Ankurbelung des Serotonin-Stoffwechsels - etwa durch regelmäßiges Ausdauertraining - vermindert Panikattacken, hilft beim Burnout-Syndrom ebenso wie bei leichten bis mittelschweren Depressionen oder Migräne. Serotonin steigert sanft das Wohlbefinden - in Rauschzustände kann es uns nicht katapultieren.

Lauf-Rausch. Das so genannte "Runner's high" ist wissenschaftliche gesehen eine delikate Angelegenheit. Um sich in Trance zu laufen, dafür bedarf es mehr als bloß eines normalen Konditionstrainings. Da muss man schon bis an die Grenze der Erschöpfung gehen. Nicht unbedingt erstrebenswert, da auch der "natürliche" Kick süchtig machen kann. Mit allen Nebenwirkungen wie Dosissteigerung und Entzugserscheinungen.
Die gute Nachricht: Endorphin-Aktivierer sind scharfe Gewürze wie Chili, Meditation, Akupunktur, Yoga, Tanzen, Fasten – und: Sex!