Fleisch - ist es wirklich gesundheitsschädlich?

Als die WHO Fleisch als krebserregend einstufte, war der weltweite Aufschrei groß. Viele Menschen sind noch immer verunsichert. Bedeutet das nun, dass wir gar kein Fleisch mehr essen sollten? Nein, natürlich nicht. Fakt ist nämlich: Es kommt vor allem auf die Zubereitung an.

Die WHO-Erkenntnisse

Wer täglich mehr als 50 g verarbeitetes Fleisch zu sich nimmt, hat eine um 18 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit, an Darmkrebs zu erkranken.

Der entscheidende Punkt ist das Wort „verarbeitet“. Als verarbeitete Fleischprodukte gelten Wurst, Schinken, Speck und Co. Schonend gegartes, frisches Fleisch von hoher Qualität ist nicht schädlich. Verarbeitetes oder frittiertes Fleisch schon eher. Hier kommt es aber darauf an, ob dem Fleisch viele Zusatzstoffe beigegeben wurden. Z. B. wird in der Wurstproduktion Nitrat eingesetzt.

Außerdem handelt es sich bei dieser Zahl um ein relatives Risiko und nicht um das absolute. Relative Risiken werden immer verwendet, um Erkenntnisse dramatischer darzustellen und den Menschen Angst zu machen. Das absolute Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, lieg t bei etwa fünf Prozent. Eine Erhöhung um 18 Prozent bedeutet in diesem Zusammenhang, dass das absolute Risiko von fünf auf sechs Prozent steigt.

Dazu kommt, dass die Studie, die diese Zahlen hervorgebracht hat, in ihrer Gesamtheit erst Mitte 2017 vorliegt. So könnten gar keine gesicherten Aussagen getroffen werden, beschweren sich Kritiker, weil eine unabhängige Überprüfung nicht möglich ist.

Eine Studie aus Schweden

Erneut für Aufsehen sorgte eine schwedische Studie, die 16 Jahre lang fast 75.000 Personen beobachtete und dabei die Auswirkungen des jeweiligen Fleischkonsums ermittelte. Die Probanden wurden in fünf Gruppen geteilt, je nachdem, wie viel Fleisch sie täglich verzehrten. Das Ergebnis: Die Gruppe, die täglich am meisten Fleisch aß, hatte eine um 21 Prozent höhere Sterberate. Vor allem kardiovaskuläre Erkrankungen wie Herzinfarkte oder Schlaganfälle traten häufiger auf. Gleichzeitig wurde herausgefunden, dass die Menge an Obst und Gemüse, die man isst, keine positiven Auswirkungen darauf hatte.

Aber auch bei dieser Studie gibt es Kritiker, die auf Unregelmäßigkeiten hinweisen. So hätte jene Gruppe, die am meisten Fleisch und am wenigsten Obst und Gemüse aß, insgesamt die niedrigste Sterberate gehabt.

Konträre Meinungen

Es gibt mindestens genauso viele Studien, die keine Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Fleischkonsum und erhöhter Wahrscheinlichkeit, früher zu sterben, sehen. Eine Studie der Universität Oxford zeigt, dass weder Vegetarier noch Veganer länger leben als Menschen, die Fleisch oder Fisch essen. Auch eine australische Untersuchung mit 267.000 Probanden konnte keinen Unterschied zwischen Veganer, Vegetariern und Fleischessern feststellen.

Was heißt das jetzt genau?

Die Ergebnisse lassen nur einen Schluss zu: ob Fleischkonsum wirklich schädlich ist oder nicht, kann nicht sicher gesagt werden. Es gibt zu dem Thema mehr als 940 Studien, aber davon erfüllten nur 24 die notwendigen Qualitätskriterien.

Nun passiert folgendes: Eine neue Studie besagt, dass Fleischkonsum schlecht ist. Das wird von den Medien natürlich sofort aufgegriffen, denn es ist ein polarisierendes Thema, das Emotionen garantiert. Genau solche Themen suchen die Medien.

Ob die Studie von der Qualität her überhaupt gut ist, ist eine andere Geschichte. Oft werden auch hervorragende Studien auf einen Satz zusammengestutzt, der dann möglicherweise auch noch uminterpretiert wird. Manchmal steht in einer Studie, dass regelmäßiger Fleischkonsum das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen erhöhen könnte, dass aber weitere Studien notwendig sind, um eine gesicherte Aussage treffen zu können. Manche Zeitungen machen daraus dann Sensationsnachrichten - “Neue Studie belegt: Fleischkonsum erhöht das Sterberisiko”. Das stand so zwar nicht in der Studie, man konnte es aber hineininterpretieren.

Gelassenheit üben

Es kann festgehalten werden, dass das Thema Ernährung ein sehr sensibles ist, bei dem verschiedene Welten und Glaubenssätze aufeinanderprallen - nicht nur beim Thema Fleisch. Unzählige Bücher erzählen uns heute, welche Nahrungsmittel nicht alle giftig wären. Die Liste ist lang: angefangen von Fleisch über Weizen bis hin zu Zucker. Als interessierter Laie hat man keine Chance zu überprüfen, was nun wirklich stimmt.

Leider ist unsere Ernährungsweise heute vor allem eines: ein Geschäft. Je mehr Angst verschiedene Autoren den Menschen mit ihren Büchern machen, desto besser verkaufen sie sich. Bei Diäten ist es dasselbe.

Die einzige Reaktion, die man auf all diese Studien, Bücher und Hiobsbotschaften zeigen kann und sollte, ist Gelassenheit. Und vielleicht ein bisschen Mäßigung. Zu viel von einem Stoff ist schließlich immer giftig, denn die Menge macht‘s.

Und um Ihnen die Angst ein bisschen zu nehmen: das Sterberisiko jedes Menschen liegt bei 100 Prozent. Lassen wir uns in diesem Sinne also nicht verrückt machen. ;-)